GMS Kraichtal (Druckversion)

Exkursion zum Jüdischen Friedhof

Warum gibt es in Oberöwisheim einen Judenfriedhof, obwohl es dort nie eine jüdische Gemeinde gab?

Solchen Hintergründen nachzugehen startete die Klasse 10 der Markgrafenschule Ende Juni mit 17 Schülern, ihrem Religionslehrer Frank Becker und der Klassenlehrerin Anja Oeder mit den Fahrrädern zu einer Exkursion nach Oberöwisheim.

Zu Beginn gab Frank Becker eine Einführung darüber wo sich im Kraichgau überall jüdische Friedhöfe befinden und wie es dazu kam. Danach erläuterte er die Symbole, die auf den Grabsteinen zu finden sind. Anschließend startete die Gruppe mit den Fahrrädern nach Oberöwisheim. Der Abschluss fand beim Italiener mit einem kühlenden Eis statt, das ihnen der Relilehrer spendierte.

Ein erster Rundgang durch den älteren Teil des Friedhofes stellte gewisse Herausforderungen an die Kraxelfähigkeit der Teilnehmer dar. Es ging steil bergab in unwegsamen Gelände. Frank Becker hatte zur Erleichterung ein Seil gespannt, an dem man sich festhalten konnte.

In einem zweiten Durchgang, im jüngeren Teil des Friedhofes, mussten die Schüler Aufgaben lösen. Zum Beispiel sollte das Grab gefunden werden, in dem die letzte Bestattung stattfand. Es ist das Grab von Babette Diedelsheimer, die am 26.12.1938 verstarb. Ihr Sohn fiel im August 1918 in Nordfrankreich für das deutsche Kaiserreich kämpfend. 15 Jahre später mussten seine Eltern erleben, wie Juden - wahrscheinlich auch sie selbst – im inzwischen nationalsozialistischen Deutschland verfolgt und gedemütigt wurden.

Bei der Einführung in der Schule wurde deutlich, dass sich im Kraichgau eine Dichte von jüdischen Friedhöfen findet wie sonst nirgends in Baden und Württemberg. Zunächst legte man sogenannte Verbandsfriedhöfe an, die von mehreren jüdischen Gemeinden zusammen verwaltet und betrieben wurden. Später erlaubte man auch anderen jüdischen Gemeinden, z.B. in Eichtersheim, in Wohnortnähe eigene Friedhöfe anzulegen. Der Friedhof in Oö ist der älteste Verbandsfriedhof im Kraichgau. Er wurde 1629 gegründet.

Beim Überblick über die Symbolik jüdischer Grabkultur erklärte Frank Becker was eine Kanne oder gespreizte Hände auf den Grabsteinen bedeutet: Eine Kanne bedeutet, dass darin ein Angehöriger des Stammes Levi bestattet ist. Diese waren zum Dienst am Tempel eingeteilt. Gespreizte Hände deuten auf einen Angehörigen des Priestergeschlechtes der „Kohanim“ hin, die einen bestimmten Segen erteilen. Der wird mit den gespreizten Händen angedeutet.

Zur oben aufgeworfenen Frage erklärte er: Ein Judenfriedhof bleibe für immer bestehen. Er werde nicht geräumt, da man auf die Wiederkunft des Messias warte. Das bedeute, das Gelände sei verloren. Kein Bauer wolle dafür fruchtbaren Ackerboden hergeben. In Oö verpachteten die adligen Besitzer in unwegsamen Gelände, das man offensichtlich zu nichts anderem verwenden konnte, 92 Ar, auf dem 270 Gräber angelegt wurden. Dafür wurden die jüdischen Gemeinden kräftig zur Kasse gebeten.

Ian, Schüler der Klasse, kommentierte die Exkursion so: „Ich persönlich fand es sehr interessant mal einen Einblick in die jüdische Religion zu bekommen und vor allem erster Hand die Unterschiede zu anderen Religion zu sehen… Echt cool ist, dass die Juden verschiedene Symbole auf den Gräbern haben, welche die Person beschreibt oder was diese getan hat.“

Text: Frank Becker

http://www.gms-kraichtal.de//de/aktuelles-termine/neuigkeiten